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Verband der Privatkrankenanstalten Österreichs

„Das Leben besser oder gesünder zu machen“: Interview mit Mag. Annette Leja, Sanatorium Kettenbrücke

Im Jahr 2021 übernahm Fr. Mag. Annette Leja in Tirol die Funktion der Landesrätin für Gesundheit, kehrte jedoch nach der Landtagswahl 2022 wieder in ihren ursprünglichen Beruf der Krankenhausmanagerin Sanatorium Kettenbrücke der Barmherzigen Schwestern zurück. Wir trafen Fr. Leja auf ein kurzes Interview und fragten Sie über Ihre Erfahrungen. 

 

Was hat Sie dazu bewogen, den Schritt in die Politik zu wagen?

Im Wesentlichen gibt es zwei Wege in ein Regierungsamt. Entweder man arbeitet sich im Rahmen der klassischen „Ochsentour“ nach oben oder man wird, wie es Verfassungsministerin Edtstadler kürzlich formuliert hat, in die Politik eingeladen. Bei mir war es letzteres. Es wurde mir sogar Zeit für die Entscheidung gegeben, was eigentlich ungewöhnlich ist. Im Gesundheitsresort quer einzusteigen, ohne nennenswerte parteipolitische Vernetzung und das mitten in der Pandemie war schon eine mutige Entscheidung. Noch dazu, wenn man einen richtig guten Job hat, der viel Freude macht. Für die Politik habe ich mich deshalb entschieden, weil ich gern gestalte und Herausforderungen mag. Ich arbeite gern mit und für Menschen und war der Meinung war, dass ich gerade in dieser schwierigen Zeit durch meine langjährige Tätigkeit im Gesundheitswesen einen guten Beitrag leisten konnte. Wichtig war mir beim Schritt in die Politik auch, dass er im Sinne der Frauen war.

Nach Ihrer tieferen Einsicht: was können Sie aus der Politik berichten, in Bezug auf die Rolle der Privatkliniken?

Die Politik ist für die breite Versorgung der gesamten Bevölkerung verantwortlich. Es liegt also in der Natur der Sache, dass man sich vorrangig mit den Themen und mit der Entwicklung des öffentlichen Gesundheitssystems beschäftigt. Die Privatkliniken kommen da, wenn überhaupt, nur am Rande vor und werden durchaus kritisch gesehen. Die „Zweiklassen-Medizin“ wird von allen Fraktionen ganz klar abgelehnt nach dem Motto „Was nicht sein darf … ist nicht.“ Für mich persönlich ist das Prinzip des Solidarsystems und des Sachleistungsprinzips in Österreich unverzichtbar. Der gesamten Bevölkerung muss eine gute und zeitnah verfügbare medizinische Versorgung zugänglich sein. Was mich nach viele Jahren engagierter Arbeit – vor allem in der qualitätsvollen Entwicklung des privaten Sektors – betroffen macht ist, dass die Arbeit in diesem Bereich politisch wenig geschätzt ist. Ein freies Spiel der Kräfte wird im Gesundheitswesen nie sinnvoll sein, in einem guten Rahmen könnte man aber durchaus an private Einrichtungen ergänzend bzw. alternativ zum öffentlichen System denken. Ich halte es deshalb für wichtig, dass wir unseren Beitrag in der Versorgung der Bevölkerung nicht nur solide leisten, sondern diesen auch kommunizieren. Wir sollten zudem darüber nachdenken, wie wir in Zukunft mehr öffentlichen Nutzen stiften können.

Welche Erkenntnisgewinne haben Sie in Ihrem privaten bzw. beruflichen Leben nach Ihrer Erfahrung in der Politik?

Ich habe meine Zeit in der Tiroler Landesregierung als sehr gut erlebt, die Aufgaben und die Arbeit haben mir viel Freude gemacht und ich konnte positive Akzente setzen. Sowohl im politischen Team als auch mit der Beamtenschaft war das Klima positiv und sehr konstruktiv. Gleichzeitig wird man mit dem Moment der Angelobung ins kalte Wasser geworfen, es gibt kein Onboarding und keine Schonzeit. Man ist von Anfang an exponiert, muss Themen voranbringen und sollte am besten keinen Fehler machen. Das Eis ist dünn. Gerade in der Pandemie mit den schwierigen Entscheidungssituationen und der teils sehr aufgeheizten Stimmung in der Bevölkerung war die Herausforderung groß. Ich konnte aber schnell lernen, mich gut in den verschiedenen Themen- und Problemlagen und mit und zwischen den Interessensgruppen bewegen. Es ist bemerkenswert, wie die eigene Leistungsfähigkeit und Fokussierung mit dieser Herausforderung steigen. Man lernt Menschen und Situation kennen, mit denen man in einem „normalen“ Berufsalltag so nicht konfrontiert ist. Bei allem, was kritisiert werden kann, passiert doch ganz viel Positives in der politischen Arbeit. Wir brauchen kluge und engagierte Menschen, die in der Politik tätig sind und wir brauchen die entsprechende Wertschätzung dafür. Meine Rückkehr ins Sanatorium Kettenbrücke war letztlich keine Entscheidung gegen die Politik, sondern vielmehr für die Arbeit in meiner „beruflichen Heimat“.

Welche Werte sind unerlässlich nach Ihrer Politik- aber auch Privatklinik-Erfahrung?

Wichtigstes Ziel in der Politik als auch bei Führungsfunktionen im Gesundheitswesen ist immer die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit dem Fokus auf die Nachhaltigkeit der Maßnahmen. „Quick wins“ helfen in beiden Feldern nur sehr bedingt. Diese Perspektive ist aber gerade in der Politik sehr schwer einzunehmen. Mir geht es um die kontinuierliche Weiterentwicklung unter Bedachtnahme auf die Menschen, die am Prozess beteiligt sind, und auf andere relevante Faktoren. Das Gesamtziel „das Leben besser oder gesünder zu machen“ darf dabei nie verloren gehen. Wir haben es sowohl im politischen Leben als auch im Gesundheitswesen immer wieder mit Situationen zu tun, wo Systeme oder Gruppen anfangen, sich selbst zu genügen und sich vorrangig damit zu beschäftigen. Im Fokus muss der Mensch sein, seien es Bürger:innen, Patient:innen, Mitarbeiter:innen oder Andere. Auch der Umgang mit der Verantwortung der „geliehenen Macht“ muss ein sorgfältiger und mitunter demütiger sei. Das gilt für Politik und für Management.

 

Fotocredit: Sanatorium Kettenbrücke / Pichler
Fotocredit: Sanatorium Kettenbrücke / Pichler